Das schwimmende Klassenzimmer
Schaut man auf Satellitenbilder von Lagos, der zweitgrößten Stadt in Nigeria, fällt es schwer, genau zu sagen, wo die Stadt aufhört und das Wasser anfängt. Denn Lagos liegt an einer rund 60 Kilometer langen und bis zu 15 Kilometer breiten Lagune von durchschnittlich nur zwei Metern Tiefe – und je mehr Menschen im Zuge der fortschreitenden Urbanisierung in die Stadt strömen, desto mehr weichen auf das Wasser aus. Von den rund 10 Millionen Einwohnern der westafrikanischen Stadt leben mittlerweile nach Schätzungen etwa 100.000 Menschen in Pfahlhäusern auf dem Wasser. Und die brauchen eine Schule, dachte sich der nigerianische Architekt Kunlé Adeyedmi.
Makoko: Der Stadtteil auf Holzstangen
Tausende einfachster Holzhütten bestimmen das Bild von Makoko, Lagos’ Stadtteil auf dem Wasser, dazwischen unzählige kleine Holzboote, auf denen sich die Menschen fortbewegen. Straßen oder nennenswerte Infrastrukt gibt es nicht. „Durch jahrelanges Trial-and-Error-Verfahren haben die Menschen herausgefunden, wie tief sie die Pfähle in den Grund rammen müssen, um ihre Häuser zu bauen“, verrät Kunlé Adeyedmi im Interview mit CNN. Für ihn sind die Häuser einerseits beeindruckend – andererseits sieht er als Architekt natürlich bauliche Mängel: „Die Häuser sind nicht stabil, man sieht teilweise, wie sie zur Seite wegrutschen.“
Eine schwimmende Schule
Doch wo andere Menschen ein Problem sehen, sieht Adeyedmi eine Lösung: Seine Schule in Makoko darf nicht wie die Häuser auf Holzpflöcken stehen, sondern muss auf dem Wasser schwimmen – so besteht auch bei großer Belastung keine Gefahr, dass die Stöcke wegrutschen oder brechen. Außerdem ist sie unabhängig von den Gezeiten und trotzt Überschwemmungen infolge starker Regenfälle. Und: Sie muss groß genug sein, um nicht nur möglichst vielen Kindern Bildung zu ermöglichen, sondern auch als Ort des Austauschs in der Gemeinschaft zu fungieren.
Das höchste Gebäude der Stadt
Das Ergebnis: Die Makoko Floating School. Ein 10×10 Meter großes Quadrat bildet die Grundfläche, getragen wird die Schule von 256 recycleten Plastiktonnen. Realisiert haben die Schule lokale Arbeitskräfte, das „Erdgeschoss“ dient ihnen nun als Community Center. Davon getrennt, befinden sich im ersten Stock die Klassenräume, sowie im zweiten Stock ein Bereich für Handarbeiten. So ist die Schule das höchste Gebäude von Makoko. Durch die Form eines Dreiecks hat sie dennoch einen extrem niedrigen Schwerpunkt und bietet so große Stabilität. Vor allem aber eröffnet sie Kindern eine Chance auf Bildung. Und wer weiß – vielleicht eifert ja der ein oder andere Schüler Kunlé Adeyedmi nach und wird selbst Architekt. Ihn würde es sicherlich freuen.
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